Bauernbefreiung auf Cappenberg

Die Entwicklung der grundsherrlich-bäuerlichen Rechtsverhältnisse vom ausgehenden 18. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts am Beispiel der ehemaligen Bauerschaft Übbenhagen

Durch seine Herkunft ist der Autor tief in der Geschichte und den Traditionen seines Heimatortes Cappenberg verwurzelt und freut sich daher, in diesem Buch die Geschichte des Ortes unter rechtshistorischen Gesichtspunkten darstellen zu können. Die Arbeit wurde im Sommersemester 2002 nach fünfjähriger Forschung am Lehrstuhl für Deutsche Rechtsgeschichte bei Prof. Dr. Heinz Holzhauer von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen-Wilhelms-Universität als Dissertation angenommen. Der Autor studierte Jura und Geschichte in Trier und Münster.
 
Nach dem Assessorexamen war er zeitweise als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Landtag NRW in Düsseldorf tätig. Seit Dezember 2000 ist er als Rechtsanwalt und in der elterlichen Firma tätig und schreibt als freier Autor für einen juristischen Verlag in Münster.

Zum Inhalt

Am 12. Dezember 1808 erließ Napoleon in Madrid das Dekret zur Abschaffung der Leibeigenschaft im Großherzogtum Berg. Persönliche Abhängigkeiten, die über 1000 Jahre das Leben der bäuerlichen Bevölkerung geprägt hatten, wurden mit einem Federstrich beseitigt.  
  
Die vorliegende Arbeit soll die rechtliche Entwicklung vom Eigenbehörigen des Prämonstratenserstiftes Cappenberg im ausgehenden 18. Jahrhundert zum freien Bauern am Ende des 19. Jahrhunderts am Beispiel der Bauerschaft Übbenhagen darstellen. Diese Bauerschaft, die 1952 in Cappenberg umbenannt wurde, bildet den Kern des heutigen Stadtteiles Cappenberg der Stadt Selm. 
  
Übbenhagen erscheint als besonders geeignet, da die Einwohner der ehedem 36 Anwesen alle Eigenbehörige des Stiftes Cappenberg waren. Am Beispiel Übbenhagens läßt sich auch der Eingriff der Säkularisation und der Übergang kirchlichen Eigentums an den preußischen Staat aufzeigen. 
  
Die Geschichte der Zeit zwischen 1808 und 1813 ist in der älteren deutschen Geschichtsschreibung meist auf Darstellungen der preußischen Reformen verengt worden. Die Rheinbundzeit hingegen galt bei deutschen Historikern als das „schmachvollste und dunkelste Kapitel der deutschen Nationalgeschichte“. Die Reformgesetzgebung der Rheinbundstaaten wurde selbst bis weit in das 20. Jahrhundert als „fremdländisch“ oder „undeutsch“ abqualifiziert, was aber in der neueren Forschung zunehmend auf Kritik stößt. Die zu ihrer Zeit modernen französischen Reformgesetze blieben nur aber ein Torso und konnten ihre Wirkung nicht entfalten. 
  
Schließlich ist von besonderem Interesse, wie sich der Freiherr vom Stein, 1807 Reformminister des preußischen Staates, nach 1816 privat als Gutsherr und Eigentümer der Standesherrschaft Cappenberg in der Frage der Bauernbefreiung verhielt.  
  
Über die Geschichte der Cappenberger Grafen, des Stiftes und seiner Kunstschätze sowie über den Freiherrn vom Stein als Staatsmann sind zahlreiche Arbeiten veröffentlicht worden. 
  
Publikationen über die grundherrlich-bäuerlichen Rechtsbeziehungen von der Zeit des Stiftes bis zur Bauernbefreiung liegen bisher nicht vor. Es existieren lediglich einzelne Publikationen, die sich mit den Besitzungen des Stiftes bzw. der Standesherrschaft Cappenberg befassen, ohne jedoch den Aspekt der Rechtsbeziehungen zu den Bauern zeitübergreifend darzustellen. 
  
Die Abwicklung der vielfältigen wirtschaftlichen Rechtsbeziehungen zwischen Grundherren und Bauern zog sich jedoch bis weit in das 19. Jahrhundert hin. Diese Arbeit gibt einen umfassenden Überblick über die rechtliche Entwicklung über die Zeit der Cappenberger Grafen und des Prämonstratenserstiftes bis zum Freiherrn vom Stein und seinen Nachkommen als Eigentümer Cappenbergs. 
  
Durch die Bauernbefreiung setzte eine Agrarreform ein, die zu einer völligen Umwälzung des bestehenden Gesellschaftssystems auf dem Lande führte, wobei auch nachteilige Auswirkungen der Reformmaßnahmen in Betracht zu ziehen sind. Auf der anderen Seite sind auch die Auswirkungen der Bauernbefreiung auf den Besitzstand des Adels zu beleuchten. Die Geschichte des Adels im Übergang von der frühen Neuzeit in die Moderne ist in den letzten Jahren mit wachsender Intensität diskutiert worden und soll daher nicht unbeachtet bleiben.

Für die vorliegende Arbeit wurden zahlreiche Quellen aus den Urkunden und Akten des Prämonstratenserstiftes, der königlich-preußischen und großherzoglich-bergischen Staatsdomäne in den Staatsarchiven Münster und Düsseldorf sowie auf Schloß Cappenberg ausgewertet. Des weiteren fanden die Archive der Stadt Selm, des Bistums Münster, der Pfarrgemeinden St. Stephanus Bork und St. Johannes Cappenberg sowie vorhandene Unterlagen in den Cappenberger Familien für die Arbeit Verwendung. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich in den Gesetzessammlungen des Fürstbistums Münster, in den Regierungsakten des Großherzogtums Berg und in der Sammlung der Gesetze der königlich-preußischen Staaten.
Über das Rechtsinstitut der Eigenbehörigkeit im Münsterland und seine rechtlichen Auswirkungen liegen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts zahlreiche Arbeiten vor. Ein Überblick über die grundherrlich-bäuerlichen Rechtsbeziehungen eines einzelnen Ortes des Münsterlandes seit dem 18. Jahrhundert unter Einbeziehung der Reformen zwischen 1808 und 1813 bis zum Abschluß der Bauernbefreiung, findet sich erst seit 1999 für das Dorf Angelmodde. Auch die vorliegende Studie soll mit den Ergebnissen der agrarhistorischen Debatte in Beziehung gesetzt werden. Vergleiche mit dem Ablauf und den Ergebnissen der Bauernbefreiung in anderen Regionen bieten sich an.
  
In der Arbeit wird zunächst das Entstehen bäuerlicher Abhängigkeit seit der Antike und ihre Auswirkungen bis zum Hochmittelalter dargestellt. In diesem Rahmen wird auch auf die Entwicklung des Stiftes Cappenberg und seines Grundbesitzes eingegangen. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Darstellung der Reformgesetze ab dem Jahre 1808 und ihrer Umsetzung im Bereich von Cappenberg. Zu diesem Zweck werden die vorhandenen Unterlagen zu den 36 Anwesen ausgewertet und auswählte Beispiele für Entwicklungen beleuchtet. Sofern es geboten scheint, erleichtern Tabellen den Überblick. Tabellen, die die Textdarstellung durch ihre Länge beeinträchtigen würden, sind in einem Anhang aufgeführt. 
  
Neben der Darstellung der rechtlichen Seite der Bauernbefreiung bietet die Arbeit aber auch viele Einblicke in die allgemeinen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Bauerschaft Übbenhagen seit dem Mittelalter und leistet so einen wertvollen Beitrag zur westfälischen Landesgeschichte. Julius Schwieters hat in seinem dreibändigen Werk über die Bauernhöfe des Kreises Lüdinghausen Übbenhagen nur mit einer Notiz von fünf Zeilen bedacht. Diese Lücke der Agrargeschichte ist durch die vorliegende Arbeit endgültig geschlossen. 
  
IUS VIVENS/Abteilung B: Rechtsgeschichtliche Abhandlungen,
Band 14, br., 224 Seiten, ISBN 3-8258-6946-6. 
  
Das Buch ist zum Preis von 24,90 € überall im Buchhandel und über Kreutzkamp`s Spirituosen beim Verfasser erhältlich.